Westvleteren 12 (XII)
— shub 2017/01/12 21:21
Quadrupel und Trappistenbier mit einem Alkoholgehalt von strammen 10,2% vol. aus der Trappistenabtei Sankt Sixtus (Sint-Sixtusabdij) im westflämischen Vleteren, die momentan drei verschiedene Biersorten herstellt. Das Bier wird ausschließlich am Kloster oder in einem nahegelgenenen Café verkauft, ein Vertrieb über Händler existiert nicht. Die Mönche produzieren nur in kleinen Mengen, außerdem muss das Bier (maximal zwei Holzkisten zu je 24 Flaschen) über ein „Biertelefon“ reserviert und persönlich vor Ort abgeholt werden. Solch eine Reservierung ist nur alle 60 Tage möglich und erklärt neben den Bestbewertungen auf diversen internationalen Bier-Rating-Seiten warum die Biere der Abtei so begehrt sind und recht teuer gehandelt werden. Das hier vor mir stehende Westvleteren 12 gilt als das beste Bier des Klosters, ist mit internationalen Preisen überhäuft worden und wird auf Ratebeer seit Jahren zum besten Bier der Welt gewählt. Der Hype um das Quadrupel, das viele Liebhaber als den heiligen Gral unter den Bieren bezeichnen, ist enorm und stört das Klosterleben der Mönche in erheblichem Maße. Wie die anderen Biere der Brauerei beinhaltet das Westvleteren 12 Gerstenmalz, lokale Hopfensorten, Westmalle Hefe und Zucker, die genaue Zusammensetzung wird aber strenger gehütet als die Rezeptur von Coca-Cola. Das Trappistenbier kommt in einer 0,33l-Flasche ohne Etikett, ist nur am gelben Kronkorken von den anderen Sorten zu unterscheiden und verfügt über eine gigantische, gemischtporige Schaumkrone und eine dunkelbraune Farbe mit leichtem Weinrotstich. Die Schaumentwicklung beim Eingießen ist wirklich enorm, es hat locker fünf Minuten gedauert die ganze Flasche ins Bierglas zu bekommen. Der Geruch ist absolut großartig und verströmt eine derartige Vielfalt von delikaten Aromen, dass man es kaum glauben mag. Fulminant malzig und nach bester belgischer Hefe riecht das Quadrupel, man hat braunen Zucker, Karamell, einen Hauch Vanille, Honig, dunkle Früchte wie rote Trauben, Feigen und Pflaumen, Dörrobst wie Rosinen und und eine schöne Sherrynote in der Nase. Der ersehnte Antrunk ist sehr vollmundig und moussierend, die Konsistenz leicht ölig und die Textur äußerst samtig und weich. Sehr kräftig malzig und süß schmeckt das Quadrupel, man hat dunkles Brot, Kuchen, braunen Zucker, Karamell und auch etwas Honig auf der Zunge, dazu kommen absolut vielschichtige und delikate Fruchtaromen sowie eine schöne nussige Note. Es beherrschen dunkle Früchte und Dörrobst wie Rosinen, Pflaumen und Feigen das Geschmacksbild, man kann aber auch etwas Steinobst wie Aprikose und Pfirsich wahrnehmen. Der Alkohol versteckt sich zwar ganz gut und ist hauptsächlich nur am großen Volumen und der unendlichen Tiefe schmeckbar, verleiht dem Bier aber gerade in Verbindung mit den Fruchtaromen einen rumtopfartigen Geschmack und bringt auch eine Sherrynote mit, die man ja bereits im Bouquet wahrgenommen hat. Außerdem schlägt sich der hohe Alkoholgehalt durch eine sich langsam ausbreitende, äußerst angenehme Wärme im Kopf- und Bauchraum nieder. Das bisher gebotene kann man wikrlich als eine wahre Aromen-Explosion bezeichnen und auch der ellenlange Abgang weiß voll und ganz zu überzeugen. Hier stellt sich eine hopfenbedingte Trockenheit ein, die von einem trockenen Rotwein stammen könnte, außerdem kommen eine wunderbare, gewürzartige Note, die auch etwas von Süßholz bzw. Lakritze hat und eine leichte, gut ausblancierte Bittere durch. Wirklich absolute Weltklasse was man hier geboten bekommt. Sehr komplex, facettenreich und voller vielfältiger Aromen ist dieser Bierklassiker, aber bei all dem Lob ist der hohe Preis, den so mancher Händler für das rare Bier nimmt, mehr als überzogen. Ich für meinen Teil habe 12,90€ für eine Flasche bezahlt, ein schottischer Freund von mir in einer Amsterdamer Bar sogar 20€. So großartig das Westvleteren 12 auch sein mag, es gibt ein paar belgische Sortenvertreter, die da geschmacklich gleichauf oder nur geringfügig schwächer sind. Ich persönlich finde zum Beispiel, dass das grandiose St. Bernardus Abt 12 dem Westvleteren 12 absolut ebenbürtig ist, wobei es natürlich den Vorteil genießt weitaus preisgünstiger und einfacher erhältlich zu sein. Trotzdem bleibt das Quadrupel aus der Sint-Sixtusabdij natürlich etwas absolut Besonderes für jeden Bierliebhaber, denn wenigstens einmal im Leben will man den „Heiligen Gral“ unter den Bieren getrunken haben. Es soll sich übrigens auch lohnen einige Flaschen über Jahre im Keller reifen zu lassen, da das Bier mit der Zeit immer komplexere Aromen annehmen soll.